"Solange der Vorrat reicht" - reicht das als Info?

Ihre Warenvorräte sind naturgemäß leider nicht unendlich. Die begrenzte Anzahl von Produkten wird aber vor allem dann relevant, wenn diese besonders günstig angeboten werden oder wenn die Kundschaft Gratiszugaben zu dem Einkauf erhält. Doch ist in diesem Fall der Hinweis ausreichend, dass dies nur gilt "solange der Vorrat reicht"? Wie genau muss die Begrenzung des Warenvorrates kommuniziert werden? Antworten auf diese und weitere Fragen geben wir Ihnen in unserem Rechtstipp der Woche.

 

"Solange der Vorrat reicht" für Gratiszugaben

Für die Werbung mit einer Zugabe ab einem bestimmten Einkaufswert in einer Printwerbung äußerte sich der Bundesgerichtshof wie folgt (BGH, Urteil v. 18.06.2009, I ZR 224/06):

"Wird mit einer Zugabe geworben, erwartet der Verbraucher, beim Erwerb der Hauptware die Zugabe zu erhalten. Für seine Entscheidung, sich näher mit dem beworbenen Angebot zu befassen, muss er wissen, ob diese Erwartung uneingeschränkt zutrifft oder ob die Zugabe nur in geringerer Menge als die Hauptware vorhanden ist. In letzterem Falle ist der auf die Zugabe bezogene Hinweis "solange der Vorrat reicht" notwendig, aber auch ausreichend."

Hier sah der BGH den Hinweis als erforderlich, aber auch ausreichend an, um darauf hinzuweisen, dass die Zugabe ggf. nur in einer geringeren Menge als die eigentliche Leistung verfügbar ist.

 

Aber: angemessenes Verhältnis erforderlich

Gleichzeitig wies der BGH aber darauf hin, dass der Hinweis dennoch im Einzelfall irreführend sein kann, wenn die bereitgehaltene Menge an Zugaben in keinem angemessenen Verhältnis zur erwarteten Nachfrage steht. Dies ist dann gegeben, wenn der Verbraucher von vornherein keine realistische Chance hat, in den Genuss der Zugabe zu kommen.

 

Print vs. Online

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich das dargestellte BGH-Urteil auf eine Printwerbung bezieht. Die Rechtsprechung stellt jedoch höhere Erwartungen an die inhaltliche Richtigkeit von Internetangeboten im Hinblick auf die Warenverfügbarkeit. Die Angebote im Online-Shop können Sie im Gegensatz zu Angeboten in einem gedruckten Katalog ständig aktualisiert halten.

 

Lockvogelangebote

Bei einem Lockangebot handelt es sich um eine irreführende Werbemaßnahme. Dabei wird ein besonders preisgünstiges Gesamtangebot vorgetäuscht, um damit die angelockte Kundschaft für ein teureres Produkt zu begeistern. Unzulässig ist die Lockvogelwerbung dann, wenn die beworbene Ware nicht oder nur in unzureichender Menge vorrätig ist.

Der Anhang des UWG enthält eine Liste an unzulässigen geschäftlichen Handlungen, die sogenannte Schwarze Liste. Unzulässig sind hiernach auch (Anhang zu § 3 Abs 3, Nr. 5 UWG):

"Waren- oder Dienstleistungsangebote im Sinne des § 5a Absatz 3 zu einem bestimmten Preis, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen (Lockangebote). Ist die Bevorratung kürzer als zwei Tage, obliegt es dem Unternehmer, die Angemessenheit nachzuweisen."

 

"Solange der Vorrat reicht" bei Sonderangeboten

Sofern sich die begrenzte Verfügbarkeit nicht auf eine Gratiszugabe, sondern auf die Hauptleistung selbst bezieht, stellt der BGH strengere Anforderungen: In einem vom BGH entschiedenen Fall (BGH, Urteil v. 17.09.2015, I ZR 92/14) warb ein Unternehmen sowohl in seinen Prospekten als auch online für ein Aktionsangebot. Jeweils am unteren Seitenrand befand sich ein Sternchenhinweis: "Dieser Artikel kann aufgrund begrenzter Vorratsmenge bereits im Laufe des ersten Angebotstages ausverkauft sein." Darüber hinaus war in der Internetwerbung der Hinweis angebracht: „Alle Artikel solange der Vorrat reicht.“

Der Artikel war allerdings am Vormittag des ersten Verkaufstages bereits ausverkauft. Der BGH sah hier keine ausreichende Aufklärung über die unzulängliche Bevorratung:

"Der durchschnittliche Betrachter eines Werbeprospekts oder einer Onlinewerbung der vorliegenden Art rechnet angesichts dieses Hinweises nicht damit, dass das beworbene Produkt bereits am Vormittag des ersten Angebotstages nicht mehr erhältlich sein könnte.

Dem steht der Charakter eines "Aktionsangebots", das nicht zum regulären Sortiment gehört und im Rahmen einer wöchentlich wechselnden Aktion angeboten wird, nicht entgegen. Auch bei wöchentlichen Aktionen geht der angesprochene Verkehr nicht davon aus, die beworbene Ware werde schon am Vormittag des ersten Angebotstages also nur wenige Stunden nach Angebotsbeginn ausverkauft sein."

Auch die Beschränkung "Alle Artikel so lange der Vorrat reicht" sah das Gericht als nicht ausreichend:

"Der von den Beklagten verwandte Hinweis verdeutlicht mithin die im Streitfall bestehende Verfügbarkeitsbeschränkung nicht in ausreichendem Maße. Dies gilt bezogen auf die Internetwerbung auch mit Blick auf den Zusatz "Alle Artikel so lange der Vorrat reicht". Dieser Angabe ist kein über den Sternchenhinweis hinausgehender Informationsgehalt zu entnehmen."

 

"Nur in limitierter Stückzahl"

Laut OLG Koblenz stellt der Hinweis "nur in limitierter Stückzahl"  ebenso keine ausreichende Information dar, wenn das Produkt bereits nach 4 Minuten nicht mehr online verfügbar ist (OLG Koblenz, Urteil v. 02.12.2015, 9 U 296/15).

 

"Nur noch wenige Exemplare verfügbar"

Werben Sie in Ihrem Online-Shop mit den Worten "nur noch wenige Exemplare verfügbar, Lieferzeit ca. 2 - 4 Werktage" , obwohl die Ware nicht mehr verfügbar ist und teilen dies der Kundschaft nach der Bestellung per E-Mail mit und verweisen darin gleichzeitig auf ein anderes Modell, ist dies eine unzulässige Lockvogelwerbung. Das OLG Hamm stellte in seinem Urteil ausdrücklich klar, dass es angesichts der ständigen Aktualisierbarkeit von Internetangeboten unzulässig sei, ein Angebot für eine nicht (mehr) lieferbare Ware im Internet zu belassen (OLG Hamm, Urteil v. 11.08.2015, 4 U 69/15).

 

Unser Tipp

Ob der Hinweis "Solange der Vorrat reicht" ausreichend ist, hängt stetig vom Einzelfall ab. Sowohl bei Sonderangeboten als auch Gratiszugaben müssen Sie jedoch stets auf eine ausreichende Bevorratung achten.

Die Gesetzgebung stellt außerdem hohe Anforderungen an Online-Shops hinsichtlich der Aktualität der Seite. Daher sollten Sie das Angebot sofort abschalten, wenn der vorhandene Warenvorrat ausverkauft ist, sodass keine Bestellung mehr möglich ist.

 

Diesen Artikel haben wir ursprünglich im August 2016 veröffentlicht und jetzt für Sie aktualisiert.

 

 

Über die Autorin


Madeleine Winter ist Master of Laws (LL.M.) und als Team Lead Legal Consultants bei der Trusted Shops GmbH tätig. Seit 2009 im Team von Trusted Shops, setzt sie sich seit vielen Jahren intensiv mit den für Online-Shops relevanten Rechtsgebieten, insbesondere dem Fernabsatz-, Datenschutz- und E-Commerce-Recht auseinander. Sie ist Blog-Autorin und beteiligt an größeren Beratungsprojekten, insbesondere zum Bestellprozess und der Produktseitengestaltung von Online-Shops. Zudem betreut sie den Trusted Shops Abmahnschutz.

08.04.21

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